Hallo Niedersachsen

2023-03-08 14:53:00 By : Mr. Martin King

Die Retter von @fire aus Wallenhorst bei Osnabrück helfen bei Erdbeben - wie jüngst in der Türkei. Bei ihren Einsätzen zählt jede Stunde. Wie organisieren sich die Frauen und Männer, damit genau das klappt?

Das Erdbeben überrascht die Menschen im türkisch-syrischen Grenzgebiet am 6. Februar um 4.17 Uhr Ortszeit. Die Weltgesundheitsorganisation WHO spricht von rund 45.000 Toten. Es könnte die größte Naturkatastrophe in Europa und Eurasien seit mehr als 100 Jahren sein. In diesen frühen Morgenstunden des 6. Februar geht auch der Pieper von Johannes Gust in Osnabrück. Er ist Vorstandsmitglied der internationalen Katastrophenhilfsorganisation @fire - und ab diesem Zeitpunkt Leiter des Einsatzes. Jetzt muss Gust funktionieren.

Die Organisation gehört zu den sogenannten Internationalen Light USAR Teams. Dabei steht USAR für "Urban search and rescue" - also "suchen und retten in Städten". Es ist ein kleines, bestens ausgebildetes Team, dessen Aufgabe es ist, möglichst schnell im Katastrophengebiet zu sein, um verschüttete Menschen aus eingestürzten Gebäuden zu retten.

Das Team - eine Speerspitze von 20 Leuten - muss nun schnellstmöglich zusammengestellt werden. 40 der insgesamt 400 Mitglieder von @fire sind genau für solche extremen Einsätze professionell ausgebildet: körperlich, fachlich, mental. Sie haben die nötigen Impfungen, Papiere und Dokumente, die sie als Ersthelfer in solchen Extremsituationen brauchen. Doch ihre Arbeitgeber müssen ihnen dafür nicht freigeben. @fire ist ein Verein und die Arbeitgeber machen es freiwillig - oder die Helfer müssen ihr zeitliches Engagement vorher verhandeln. Auf jeden Fall müssen sie für den Einsatz Urlaub nehmen. Und nicht nur das: Selbst ihren Schutzanzug zahlen sie mit rund 1.000 Euro selbst, denn der Verein ist auf Spenden und Mitgliedsbeiträge beschränkt.

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"Sechs Stunden nach Hilfegesuch steht das Team, auch das Gepäck mit den Hilfsmaterialen wartet bereits verzollt in Alukisten auf den Lufttransport", erklärt Gust. Zwei Tonnen Ausrüstung benötigt @fire - für alles: Zelte, Essen, Generatoren und Toiletten für das Camp. Aber vor allem für das Hilfsmaterial: Aufbruchshammer, Säbelketten, Handwerkszeug, Abstützmaterial, Kanister, Akkus und auch dort Generatoren.

Währenddessen eilt der sogenannte Airport-Manager zum Flughafen und versucht in oft stundenlangen Verhandlungen Flüge zu organisieren. "Bei dem Einsatz in der Türkei kam der Auftrag von der türkischen Regierung, dass Turkish Airlines Plätze zur Verfügung stellt. Dafür mussten regulär gebuchte Passagiere tatsächlich aussteigen", sagt Gust. Über Istanbul geht es per Inlandsflug weiter ins südöstliche Adana. Doch auch von dort müssen die @fire-Helfer noch einige hundert Kilometer auf der Straße zurücklegen. "Die Hauptstraße war aber ebenfalls zerstört. Auch in solchen Fällen kommt uns unser über Jahre abgespecktes Gepäck zugute", betont Gust. Immer wieder wird in Übungen geprobt, ob leichteres Gerät die nötige Leistung bringt, um das Gesamtgewicht immer weiter zu reduzieren und so den schnelleren Einsatz zu optimieren. Die Alukisten mit dem zwei Tonnen schweren - oder in diesem Fall leichten - Gepäck können in Adana auf mehrere Pickups verteilt werden. So geht es über die Bergpässe in das betroffene Gebiet.

Das erste Light USAR Team eröffnet dort einen Infostand, der alle folgenden Teams mit dem nötigen Wissen vor Ort versorgt. "Da geht alles Hand in Hand. Von oben aus betrachtet gleicht es einem wuseligen Ameisenhaufen, wie ein großes Durcheinander. Aber es ist ein geordnetes Chaos, in dem jeder weiß, was er zu tun hat", erläutert Gust die Situation.

Einen Monat nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei und Syrien blickt der NDR an einem Thementag "Ein Monat nach dem Erdbeben - Wir schauen hin!" auf das Geschehene. Betroffene, Helferinnen und Helfer schildern ihrer Erfahrungen.

Ab 19.30 Uhr berichtet Hallo Niedersachsen im NDR Fernsehen. Dabei geht es unter anderem um einen Arzt aus Hannover und eine Spedition mit türkischen Wurzeln in Schleswig-Holstein. Um 20.15 Uhr strahlt das NDR Fernsehen ein NDR Info extra aus. Die 45-minütige Sendung berichtet aus ganz Norddeutschland über Hilfsaktionen und wird zum Korrespondenten ins türkische Katastrophengebiet schalten. Die Sendung wird gleichzeitig im Radio auf NDR Info zu hören und auf tagesschau24 zu sehen sein.

Der Thementag wird begleitet von einer Umfrage der NDR Community #NDRfragt. 29 Prozent der Befragten geben an, für die Opfer der Erdbebenkatastrophe gespendet zu haben. Neun Prozent gaben an, dass sie Personen kennen, die direkt vom Erdbeben betroffen sind. An der Umfrage beteiligten sich 8.915 Mitglieder von #NDRfragt. Die Umfrage fand vom 1. bis 3. März statt und ist nicht repräsentativ.

Die Berichterstattung zu "Ein Monat nach dem Erdbeben - Wir schauen hin!" ist online nachzulesen, nachzuhören und nachzuschauen unter www.ndr.de/erdbebenhilfe.

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